Samstag, 26. September 2020

Studieren geht über Probieren - Bondora für Anfänger

Es liegt mir wirklich fern, über andere zu lästern oder mich für schlauer zu halten. Die Vorgehensweise beim "Ultimativen Bondoratest" bringt mich allerdings dazu, doch auf ein paar unvorsichtige Vorgehensweisen hinzuweisen.

Zuvor möchte ich allerdings dem Autor danken für seinen ehrlichen Bericht. Hier versucht eben mal nicht jemand mit zu optimistischen Aussagen möglichst hohe Werbeprovisionen zu generieren, ja ich habe noch nicht einmal einen Affli-Link zu Bondora entdecken können. Die beschriebene Situation dürfte wirklich für viele eher uninformierte Neuanleger typisch sein. Und ja, auf diese Weise wird man Geld verlieren oder zumindest keine auch nur über Go&Grow liegende Rendite einfahren.

Ich habe schon öfter darauf hingewiesen: Bondora ist unter den p2p-Plattformen etwas besonderes. In positiver Hinsicht, aber auch was das Risiko bezüglich einzelner Anlagen angeht. Es gibt eben kein buy back. Der hilft zwar im Fall der Fälle auch nicht unbedingt, wie man bei einigen Plattformen und Kreditvergebern bei mintos in diesem Jahr sehen konnte, vermindert aber das Risiko für Fehlentscheidungen beträchtlich.

"Blutige Anfänger" in p2p-Dingen können bei Bondora investieren. Dann aber möglichst in Go&Grow. Zwar ist dort die Rendite auf knapp 7% begrenzt, dafür ist ein Ausstieg in der Regel sehr schnell und ohne Verlust möglich und auch in Krisenzeiten wie im März kam man binnen weniger Wochen mit entsprechender Verzinsung wieder an sein Geld. Das Angebot ist seit kurzem auf ein Invest von 1000€/Monat und Anleger begrenzt. Das ist kein Tagesgeld - es gibt keinerlei Garantien für diese Anlagen - aber nach meinem Ermessen zumindest im Moment noch eine eher risikoarme Anlage. Wie es sich gehört. Hohe Zinsen, hohes Risiko.

Der Autor hat eine mittlere Summe (aus meiner Sicht, für ihn mögen es peanuts gewesen sein) recht flott mit dem Bondora Portfolio Manager angelegt. Und ich möchte wetten, auf diese Weise recht viele hochprozentige Kredite aus Spanien oder Finnland erworben. Die fallen halt aus. So läuft das Spiel. Die fallen zu nicht geringem Prozentsatz auch gleich ganz am Anfang aus. Von daher erreichen die tatsächlichen Zinsen in der Tat nie den Stand der Planung.

Macht nichts, sagt Bondora. Alles eingepreist. Die Zinsen sind so hoch, dass diese Ausfälle kompensiert werden können. Wenn man durchhält. Und nichts verkauft. Und schon gar nicht ohne Aufschlag. Für Kredite mit Zinssätzen von 50%-80%, die in diesem Segment üblich sind bekomme ich, sobald die ersten Zahlungen erfolgreich (auch verspätet waren), einen Aufschlag zwischen 10 und 20%. Und die sind binnen Stunden verkauft. Leider habe ich nur wenige davon. Und ob ich die überhaupt hergeben will, ist die Frage. Denn die zahlen mir, wenn alles gut geht, 2-3mal so viel zurück wie ich eingesetzt habe. Und diesen Gewinn brauche ich dringend um andere Verluste auszugleichen.

Portfoliomanager ist keine gute Entscheidung. Der Manager Pro lässt viel mehr Wahlmöglichkeiten. Noch bessere Auswahl bekommt man auf dem Zweitmarkt. Selbst ein Aufschlag von 1-3% lohnt sich bei zweistelligen Zinssätzen sehr schnell, wenn man dadurch die Wahrscheinlichkeit der Ausfälle deutlich verringert. Das Angebot ist groß und es gibt auch Tools für automatisches Investieren, wenn auch nicht von Bondora. Meist ist dafür ein kleiner Obulus fällig, aber auch dieser lohnt sich bei einem Investment im vierstelligen Bereich sehr schnell und das Aushecken eines solchen Tools ist nicht jedermanns Sache und doch einiges an Arbeit.

Wie naiv sich der Autor anstellt, zeigt schon das Vertrauen auf die von Bondora angezeigten Zahlen. Da gab es (angeblich) einen Gewinn von knapp 1800€ auf einen Einsatz von 6k innerhalb von 1,5 Jahren. Das soll einer Rendite von 6,6% entsprechen? Bei mir wären das überschlagmäßig 20%. Aber wenn man wirklich liest was dasteht, ist das die Rendite bis zum Ende der Laufzeit. Prognostiziert selbstredend. Und unter der Voraussetzung, dass man die Anlage durchhält und alles in etwa so weiterläuft wie bisher. Aus meiner Sicht eher optimistisch. Und nur dann zu erzielen, wenn einiges über Inkasso realisiert wird. Und natürlich nur dann, wenn man nicht das Tafelsilber verschleudert.

Bondora warnt selbst davor, dass der Zweitmarkt zu hohen Risiken führt. Man muss also wissen, was man tut. Ihre ganzen Hochrechnungen basieren auf der Annahme langfristiger Anleger. Panisches Verkaufen wirkt kontraproduktiv - denn die Käufer sind überwiegend Profis, wissen was sie tun, picken sich die Rosinen heraus und lassen die faulen Äpfel liegen. Was die Rendite vermasselt. Dazu führt, dass man jahrelang überwiegend nur noch miese Kredite im Depot hat. Unverkäuflich. Durchaus mit Rückzahlungen, die sich aber über Jahre hinziehen und am Ende nur selten Zinsen einbringen.

So würde man nicht vorgehen, wenn man sich zuvor informiert hätte. Denn wir erfahrene Anleger geben gerne ein paar Tipps. Der wichtigste lautet: langsam angehen. Die Spielregeln bei Bondora muss man erst erlernen. Und anderen Anlegern glaubt man nicht so gerne. Bei Bondora kann man viele Anteile zu je 1€ kaufen. Dadurch kann man schon mit 500€ einiges durchspielen, ohne sich richtig die Finger zu verbrennen. Und mal eben so - warum eigentlich? - auf einen Schlag sein ganzes Portfolio in den Verkauf zu stellen, davon hätte jeder abgeraten. Es kann Situationen geben, wo man das machen muss. Weil man Geld brauch, oder weil sich woanders gerade eine sehr gute Investitionsmöglichkeit auftut. Aber ansonsten - brennt ja so schnell nichts (weiter) an.

Und wo kann man fragen? Meine erste Anlaufadresse ist das Forum von Claus Lehmann. Da sollte man sich vor der ersten Investition mal einige Stunden einlesen - das ist bestens investierte Zeit. Erst danach kann man dann auch ein paar Fragen stellen. Oder von Bondora Abstand nehmen. Eine passive Investition ist das nämlich abseits von Go&Grow nicht. Eher ein Hobby. Mir gefällt es und meine Renditen sind vorzeigbar. Aber ob der unbedarfte Anleger auch ohne die oben beschrieben Fehler mit Gewinn herauskommt, ist noch nicht geklärt. Von daher sind solche ehrlichen Berichte durchaus wichtig - wir sind auf den 2. Teil gespannt.

Auf den Affli-Link verzichte ich aus Gründen diesmal auch.

4 Kommentare:

  1. Auch dir besten Dank für den ehrlichen Bericht (ohne Affi-Link). Ich war/bin nie in Bondora investiert, aber in verschiedenen anderen Plattformen. Gesamthaft (früher) mit doch recht erheblichen Summen. Mit einem Punkt bin ich nicht mit dir einverstanden: Ich würde nicht das Forum von Claus nehmen, um sich einzulesen. Ich kenne das Forum und bin dort auch aktiv. Früher viel und heute weniger. Natürlich sind dort vor allem Leute, welche P2P grundsätzlich gut finden und dort auch investieren. Die Kernfrage ist jedoch, ob es überhaupt eine gute Idee ist in P2P zu investieren. Die wenigstens suchen sich wohl ein Hobby, sondern suchen nach einer "risikoadjustierten Rendite". Ich würde eher empfehlen den Gerd Kommer (Souverän investieren für Anfänger) zu lesen. Dies ist aus meiner Sicht die bessere Investition als "ein paar Stunden" im Forum zu verbringen. Zumindest wenn man P2P nicht als Hobby betrachtet.

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    1. Guter Punkt wobei ich blutigen Anfängern eher zu einer Einstiegs Lektüre raten würde z.B. von Martin Weber: Die genial einfache Vermögensstrategie: So gelingt die finanzielle Unabhängigkeit oder vom Finanzwesir Albert Wanecke Der Finanzwesir 2.0 - Was Sie über Vermögensaufbau wirklich wissen müssen
      Danach dann den Kommer oder einfach dem in den genannten Büchern propagierten trivialen Welt ETF Ansatz folgen das ist besser als vieles andere (und auch definitiv als ein reines P2P Invest)....

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  2. Hallo,
    ansich bin ich ein großer Fan von Bondora. Mit den 1€ Mindesteinvestment kann man auch schon mit kleineren Beträgen eine gute Diversifikation erreichen. Etwas, das gerade bei Bondora immens wichtig ist. Ich würde ebenfalls empfehlen, sich entweder die Mühe zu machen und Portfolio Pro zu verstehen, oder bei G&G zu bleiben. Was mir nicht so gefällt ist, dass man bei Portfolio Pro nur einen Investitionsbetrag pro Strategie angeben kann und keine Portfoliogröße. Somit wird es aufwendig, wenn man das Portfolio irgendwann auf einem konstanten lvl halten will und nur die Erträge abschöpft.
    An den Zweitmarkt von Bondora habe ich mich noch nicht getraut. Ich investiere in P2P grundsätzlich keine Beträge, die mein Liquiditätsplanung beeinflussen können (positiv wie negativ), es bleibt eine kleine Beimischung.

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  3. Hallo Oktaeder,

    ein sehr gut geschriebener Artikel wie ich finde.
    Wir haben auch einen Artikel zum Thema P2P Kredite geschrieben für Leute die darüber nachdenken, in P2P Kredite zu investieren und sich für diese Analgeklasse interessieren: wirf gerne mal einen Blick hinein: https://enqome.com/de/p2p-kredite

    Grüße
    Daniel

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