Seedrs ist eine Plattform, bei der insbesondere britische Anleger in Startups investieren können, die meistens auch in GB angesiedelt sind. Seerds ist seit etwa zwei Jahren Teil von Republic, die im selben Segment tätig sind aber deutlich breiter aufgestellt. Im Moment wird der Bereich aber noch weitgehend unabhängig fortgeführt.
Auch als Anleger der EU (oder anderswo) kann man dort investieren. Allerdings entgehen einem dann aber die bei den meisten Firmen ausgeschriebenen Steuervorteile (EIS etc.), die oft sehr wesentlich zum (finanziellen) Erfolg des Invests beitragen.
Größter Erfolg war bislang Revolut mit einer Papier-Bewertung von inzwischen knapp 30 Mrd €. Allerdings war bei der Zeichnung der Markt so überrannt, dass nur wenige Glückliche dabei sein konnten und bis heute wurde der mögliche Investorenkreis nicht ausgeweitet. In die Milliarden hat es sonst noch niemand geschafft, und manche 4stellige Zuwüchse gegenüber dem Ausgabewert sind eher virtuell den realisierbar (Beispiel s.u.).
Das Investieren ist sehr riskant. Der durchschnittliche Anleger macht vermutlich Verluste. Eine gewisse Streuung muss auf jeden Fall sein, allerdings sollte man sich in Machgang dann auf sehr erfolgversprechende Unternehmen konzentrieren. Der Markt ist im Moment in keiner sehr guten Verfassung, die Kapitalbeschaffung ist für viele sehr schwieig und das bricht einigen das Genick. Man kann das auch positiv sehen. Der Weizen schält sich aus dem Streu hervor, die Einstandbreise sind günstiger als noch vor ein bis zwei Jahren.
Generell geht man davon aus, dass die wenigsten Unternehmen die ersten 5 Jahre überleben. Oft wird von 90% Ausfallquote gesprochen. Was bedeutet, dass man in einigen Fällen das 20fache und mehr zurückbekommen muss, um insgesamt Gewinn zu machen. Bei gleichmäßiger Streuung.
Meine Erfahrungen und lerning soweit
Wie viele, bin ich anfangs auch eher naiv und zu breit eingestiegen. Ich bin bei knapp 200 Unternehmen mit dabei, allerdings alles andere als gleich gewichtet. Seedrs zeigt mir eine 9% Rendite. Das ist sehr sehr optimistisch. Im Moment würde ich von 30-40% Abschreibung ausgehen. Zwar wurden einige Gesellschaftswerte inzwischen auf Null gesetzt Genauer: 12 in wind up, 4 dissolver, 1 sold (mit 1/3 Verlust) und 1 an der Börse (auch ein deseaster). Also nicht die erwartete Ausfallquote bislang. Jedoch
- mehrer Firmen hatten massive down-Runden, zum Teil bis 90%,
- mehrere Firmen sind seit langer Zeit komplett inaktiv
- einige sammeln verzweifelt immer wieder in neuen Runden Kapital ein ohne dass sich das so positiv auszuwirken scheint
- viele werden am Zweitmarkt nur mit deutlichen Abschlägen angeboten, was trotzdem nicht immer heißt, dass die Anteile auch verkauft werden.
Zweitmarkt
Ohne Zweitmarkt hätte ich nicht und zumindest lange nicht in diesem Umfang bei seedrs investiert. Mit Abstrichen funktioniert er auch ganz gut.
- Ermöglicht einem den Ausstieg, bevor tatsächlich eine Exit-Event ansteht
- Damit auch Gewinnmitnahmen
- Trading (wirklich sehr riskant!)
- Zukauf bei Firmen, die einem (zumindest im Moment) überzeugen
- Kauf eines sehr kleinen Anteils um die Informationen für Anleger einsehen zu können
- Zumindest für Personen nich aus GB (also ohne Steuervorteile) oft einen etwas günstigeren Einstieg, insbesondere wenn die Briten nach drei Jahren ihre (Steuer)gewinne mitnehmen
Allerdings ist dieser außerbörsliche Handel wie ihr euch vorstellen könnt, sehr illiquide, sehr emotionsbelastet und eben kein echter Markt. Informationsvorsprung der Investierten gegenüber Käufern, die noch keine Anteile haben, aber auch gegenüber denen, die zu faul sind, die Entwicklung zu verfolgen.
Positive Entwicklungen
Einige Firmen haben sich durchaus positiv entwickelt, z.B. Happy Drinks, Beeline, Guest Ready... um nur einige zu nennen. Ich würde sagen, bei 10% bin ich deutlich im Gewinn (mehr als verdoppelt). Das reicht aber natürlich nicht und ist so auch nicht zu realisieren.
Natürlich ist mein Anlagezeitraum noch viel zu kurz um irgendwelche Schlüsse zu ziehen.
Dann gibt es noch Hypes wie Eversend (die teilweise auch mit dem maximalen Aufschlag stets ausverkauft waren, nun aber wieder zu haben sind und noch keine Aufwertung erfahren haben) oder Hydro Wind Energie, die nach der ersten Runde sehr schnell einen Zuwachs von 1600% verzeichneten und seither versuchen, bei einer Bewertung von deutlich über 100Mrd Geldmittel auf den verschiedensten Plattformen Geld einzusammen. Kontinuierlich. So dass auch kein Handel stattfinden kann. Ponzi lässt grüßen oder ist zumindest nicht auszuschließen.
Learnings
Ich wäre natürlich vorsichtiger. Nichts mehr, was mit Essen zu tun hat (Getränke laufen besser). Mehr Geduld beim Investieren, oft ist der Zweitmarkt im Nachgang billiger, zumindest bei Folgerunden.
Auf jeden Fall Verluste schneller begrenzen. Ein Verlust von 30-60% ist immer besser als einer von 100%. Das habe ich nur wenige Male hinbekommen.
Da nachinvestieren, wo die Kommunikation gut ist (aber Vorsicht, das alleine reicht nicht), sich bei den Zahlen eine gute Tendenz abzeichnet und das Konzept der weiteren Entwicklung überzeugt.
Ob diese Art der Investitionen eine Zukunft hat, weiß ich nicht. Ist nur etwas für Leute, die Spaß an der Investition an sich haben. Ansonsten gibt es sicher andere riskante Möglichkeiten mit liquideren und höheren Renditen. Es sei denn natürlich, man brütet doch mal ein Einhorn aus. Aber ob das bei seedrs anfängt?
Was negativ auffällt
- seedrs macht nach den Finanzierungsrunden praktisch gar nichts mehr. Wieweit ihre DD sorgfältig ist, kann man nicht sagen. Zwar gab es schon abgelehnte Finanzierungen (Grund wurde nicht genannt), die daran scheiterten. Aber manchmal kam das Aus so schnell, dass man sich schon fragte ob das nicht dann schon absehbar war.
- Da kann es sein, dass eine Firma ihren kompletten Betrieb einstellt, die Webseite seit Monaten abgeschaltet ist und seedrs gibt auch auf Nachfrage keine Reaktionen. Die üblichen Textbausteine, man gehe der Sache nach sonst passiert nichts. Wochenlang. Nicht dass es noch sehr viel ändern würde. Aber bei einer Insolvenz sind wir nicht zuletzt deshalb die einzigen, die einen Penny wiedersehen.
- Man sollte sich im klaren sein, dass man ein absoluter Kleinstaktionär ist, und dass auch nur indirekt. Das heißt an Enscheidungen ist man i.d.R: nicht beteiligt (ich habe aber auch schon zweimal Abstimmungen erlebt). Seedrs vertritt uns. Ob immer in unserem Sinne bleibt intransparent.
- Das gleiche gilt auch für Informationen aus vielen der Unternehmen. Natürlich wären da Berichte erstellt - die Risikokapitalgeber die sonst noch beteiligt sind, bestehen da sicher darauf. Allerdings erreichn diese, gerade bei größeren Firmen, die Anteilseigner bei seedrs nicht. Vorgeschobener Grund ist, da wären auch Konkurenten darunter, denen wolle man keinen Einblick gewähren. Klingt selten plausibel.
- Während der Finanzierungsrunde(n) gibt es Unmengen an Informationen - meist kleine Erfolgsmeldungen. Danach ist dann Stillschweigen. Mitunter bis zur nächsten Finanzierung.
- Bei manchen Zusammenbrüchen bleibt durchaus ein sehr schlechter Geschmack zurück. Das ist das Unternehmen bereits nach kurzer Zeit wieder auf dem Markt zurück. Frisch und fröhlich, schuldenfrei, mit weniger Miteigentümern. Und die Seedrsinvestoren gehen komplett leer aus.