Montag, 29. August 2016

Mal wieder: Bondora und anderer Leute Geld

Also, trotz allem, ich mag ja Bondora eigentlich. Die API-Schnittstelle, die sie zur Verfügung stellen. Die breite Bandbreite an Investitionsmöglichkeiten an Erst- und Zweitmarkt. Die kompletten Datensätze, die sie uns zur Verfügung stellen. Aber. Großes Aber.

  • Die IT bringt's ja mal gar nicht. Oder genauer gesagt, das QM. Da werden Seiten und Daten auf die Außenwelt losgelassen, die noch nicht mal halbgar sind. Von ihrer CSS-Entwickung mal ganz abgesehen.
  • Die Naivität mit der an viele Dinge herangegangen wird. Das kann man ja so machen, wenn man ein Handyspiel entwickelt. Abder doch bitte nicht im Finanzbereich.
  • Die Kommunikation. Immer nur das zugeben, was man aufgrund objektiver Fakten nicht mehr abstreiten kann. Dazu gleich mehr. Jede Woche x mehr oder weniger uninteressante Newsletter. Aber wichtige Veränderungen werden erst einmal unterschlagen. Bis es dann mal wieder auf Facebook einen Shitstorm gibt.
Trotz alledem scheint das größtenteils zu klappen. Warum - weil es die meisten Anleger gar nicht interessiert. Mal ganz ehrlich: wie viele legen noch bei auxmoney an. Da werden sie am Ende ihr Geld nicht wiedersehen. Passt ja in die Zinslandschaft, ok. Aber bei Negativzinsen auf dem Girokonto von 0,2% wäre das Geschrei riesig - kann man nicht machen. Wenn bei AM am Ende -3% (pro Jahr) übrig bleiben, merken das die wenigstens. Mathematische Kompetenz in Punkto Geldanlage?  In Deutschland?? XIRR??? Wenn da auf der Webseite 15% Rendite steht (komisch bei Zinssätzen, die allesamt darunter liegen), ist der Anleger zufrieden und muckt nicht auf.
Ähnlich macht das ja Bondora. Per default sieht man da irre Ertragszahlen. Nur dass die Berechnungsmethode dazu etwas eigen ist, nicht falsch, aber recht einzigartig. Mehr dazu kann man (auf Englisch) hier nachlesen.

Ich nähere mich gleich wieder dem in der Überschrift versprochenen Thema, keine Angst :)
Ob man bei Bondora Gewinn und Verlust macht, hängt bei fast allen Anlegern sehr stark an dem Erfolg der Eintreibung ausgefallener Kredite. Bei Bondora fallen viele Kredite aus, bei nicht wenigen Anlegern sind das über 50%. Wenn man die Rate konservativ ausrechnet, und nicht so kreativ wie im o.a. Link erläutert.
Wie groß ist die gesamte Ausfallrate? Die Zahl sah zu bedrohlich aus, deshalb wurde sie von Bondoras Webseite entfernt. In ihrem Blog kann man dazu einiges zur Performance nachlesen, aber, wir erinnern uns, kreative Berechnungsmethode.

In ähnlicher Weise findet man im Blog auch Angaben über den Recoveryprozess. Das Bauchgefühl bleibt, die Zahlen scheinen irgendwie nicht zu stimmen. Bei über 2000 Anteilen im default müsste doch eine gewisse Koinzidenz auftreten.

Natürlich kann man sich aus den veröffentlichten Daten per eigener Berechnung die gewünschten Werte beschaffen. Auf Grundlage der kompletten Kreditbasis, Vollerhebung. Dankenswerterweise macht das Arne jeden Monat für uns und hier findet ihr die Werte vom August 2016. Total 31% Ausfälle, 14% davon recovered. Klassisch konservativ berechnet.

Ok, jetzt endgültig back to topic. Seit April werden ja sämtliche Zahlungsstörungen nach spätestens drei Wochen an externe Agenturen, die DCAs abgegeben. Die sich da natürlich schön bezahlen lassen. Und Bondora gibt die Rechnung an die Anleger weiter ("Geld anderer Leute").

Wie das funktioniert, zeichnet sich allmählich ab. Ich erkläre jetzt mal, was ich mir nach vielen Facebook- und Forenposts so zusammengereimt habe. Das ist vermutlich immer noch nicht ganz das Richtige, das ist aber egal, wird sowieso in ein paar Wochen wieder geändert.

Es gibt einen Pool, in dem alle Kredite mit Zahlungsstörungen zusammengefasst werden. Ob es einen Pool gibt oder je nach Land einen, ob Overdues und Defaulted zusammengefasst werden oder nicht, ist nicht geklärt. (Wie schön war da doch smava. Da wurden monatlich transparent die Zahlungsquoten dargestellt).

Wenn jetzt eine Zahlung an einen dieser Kredite aus dem Pool eingeht, wird von dieser eine Gebühr einbehalten. Egal ob eine solche tatsächlich anfiel oder nicht. Egal ob der Kredit über einen Gerichtsvollzieher seit Jahren zuverlässig seine Rate abstottert oder sagen wir mal per Vorzeigen eines Baseballschlägers 5€ erlöst werden konnten - von allen wird der gleiche Prozentsatz abgezogen. Das waren zunächst mal gut 15%. Zum Teil gab es Verwirrungen, weil das mit dem zeitnahen Abziehen nicht so geklappt hatte und dann gebündelt nachgeholt wurde, aber nun gut.

Die Abzugsrate, also der Prozentsatz wird nach Belieben und zu einem beliebigen Zeitpunkt von Bondora festgelegt. Im August waren die Kosten ziemlich hoch - viele Gerichtsverfahren wurden gestartet - jetzt sind auf einmal 35% fällig. Der Anleger wird darüber im Unklaren gelassen und es erfordert einiges Interesse und einige Kenntnisse um solche "Anpassungen" überhaupt zu bemerken.

Nun habe ich einiges Verständnis dafür, dass auch ein fintec-Startup irgendwann mal in Richtung schwarze Zahlen gehen muss. Dieser ganze Inkasso- und Mahnungszirkus verursacht natürlich immensen Zeitaufwand und dem muss man sich stellen. Es ist ja völlig unrealistisch, dass die Anleger 20% Erträge einnehmen und der Plattformbetreiber verbrennt nur Geld. Nachdem die Abwälzung der Kosten auf die Kreditnehmer nach Aussage von Bondora gesetzlich nicht mehr möglich ist (in Deutschland geht dass, dafür sind hier aber so extrem hohe Zinssätze verboten), gehen die Gebühren jetzt halt zu Lasten der Anleger (glaubt nicht, dass das bei anderen Anlageplattformen anders ist).

Nur, dann muss man das halt a) offen kommunizieren und nicht als "Verbesserungen im Inkassoverfahren" bezeichnen und b) seriöse Regeln festlegen nach denen diese Abzüge festgelegt werden. Und diese Änderungen wiederum kommunizieren.

Ich wiederhole noch einmal, an sich ist das Inkassoverfahren effizient und besser als bei jeder deutschen Plattform. Und hohe Zinsen sind auf jeden Fall mit hohen Ausfällen korreliert, das ist alles kein Problem. Auch die Gebühren an sich nicht. Aber bitte nicht rückwirkend, klammheimlich und intransparent einführen und jedes Detail erst nach einem Shitstorm preisgeben.

Jetzt mal wieder zurück, warum ich Bondora mag: man hat hier die Zahlen veröffentlicht welche Konkreten Eintreibungen es gab und wie sich der Betrag auf Anleger und DCAs verteilt. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist das der Zeitraum von April - 28.8.2016 und zwar über alle von Dritten betroffenen Anlagen (DCA und Bailiff=Gerichtsvollzieher). Wenn das alles für bare Münze genommen werden kann (s.o.), eigentlich keine schlimmen Werte.
Bislang ist da "nicht viel verlorengegangen" - die meisten Abzüge gingen zu Lasten von Penalties (=Strafzinsen). Tut nicht weh. Bedeutet aber, dass hauptsächlich alte Kredite betroffen sind (rückwirkende Vertragsänderung) und außerdem wurden die Strafzinsen vor über einem Jahr ja abgeschafft. Das bleibt also nicht so. Die alten Kredite (die wenig Kosten verursachen und STrafznsen einbringen) sterben mit der Zeit aus.

Fazit: ich mag Bondora irgendwie immer noch. Aber man könnte so vieles ganz einfach besser machen. Scheint aber die Mühe nicht wert zu sein, denn die meisten Anleger schauen ja nur auf die Standard XIRR-Grafik, schalten den Portfoliomanager ein und sind zufrieden. Das Dutzend, das die Hintergründe durchschaut und rumnöhlt, ist eh im Wesentlichen auf dem Absprung. Weil 12% Rendite zu wenig sind? Oder weil man Bondora nicht mehr traut? Von beidem ein wenig. Noch gebe ich nicht auf. Schließlich kann man sich seine Anzeigen mittlerweile selbst konfigurieren und die folgenden treffen es bislang ganz gut:

Und die sagen mir 14,2% Rendite vor Steuern voraus. Damit lässt sich doch leben.

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