In wenigen Tagen jährt sich mein Investitionsbeginn bei isepankur, wie bondora damals noch hieß, das dritte Mal. Nicht nur der Name hat sich seither geändert. Und leider waren die wenigsten Veränderungen positiv.
Fangen wir mit dem schockierensten Ergebnis an: just zum Jubiläum erreichen meine Defaults der Kennzahl EAD1 nach (also ausgefallenes Principal zum Zeitpunkt +60) exakt meine Investitionssumme. Ich habe nach dieser Rechnung also alles eingesetzte Geld verloren.
Über die Hälfte meiner Anlagen befinden sich im Status 60+, nur ein knappes Viertel ist nicht im Verzug. Von den "orangenen" Anteilen ist ein Großteil nur mit den Zinsen im Rückstand, die Default wachsen zwar immer noch an, aber nur noch recht langsam.
Gleichzeitig weist mir Bondora (und eigene XIRR-Rechnungen bestätigen das) eine Rendite von über 25% aus. Es gab in den drei Jahren auch nicht einen Monat, indem die Erträge die ausbleibenden Tilgungen nicht deutlich übertroffen hätten.
Relativieren wir das Bild ein wenig:
- mein "Vermögen" bei Bondora ist gegenüber dem Anlagekapital um über 50% angestiegen (dabei werden alle defaults zu 100% als Guthaben gerechnet)
- Im Vergleich zur aus EAD1 resultierenden Summe habe ich über 10% weniger für diese Kredite bezahlt.
- Etwa 20% der ausgefallenen Summe konnte über recovery wieder hereingeholt werden, davon über 2/3 in 2015. Die recovery-Rate geht von 1% (SK) bis 25% (EE).
- Trotzdem übersteigt die Summe der Ausfälle die bisherigen Einnahmen an Zinsen und Strafzinsen um etwa 30%.
- Bei einem angenommenen Ausfall der 60+ von 50% und der der "Kurzzeitverzüge" von 25% ergäbe sich nach XIRR eine Rendite von 4% p.a.
- Strafzinsen machen bisher nur einen sehr geringen Teil (ca. 1,5%) der Zinseinnahmen aus.
- Nur ein einziger Kreditgeber ist bisher als definitiv ausgefallen aufgeführt, das war ein Fake-Account. Allerdings haben einige Kreditnehmer seit über zwei Jahren keinen Cent zurückbezahlt.
Trotz des hohen Risikos das da noch in der Luft ist, bereue ich meine Anlage bei bondora nicht. Ich habe allerdings seit einem Jahr kein frisches Geld mehr investiert, aber bislang auch keines abgezogen. Ein Fehler war es sicherlich, in die neuen Märkte außerhalb von Estland einzusteigen. Hier hat Bondora jedes Mal versagt und die Anleger haben in den ersten 1-2 Jahren hohe Verluste eingefahren. Im Inkassobereich wird hier auch noch nicht gut gearbeitet.
In den letzten Monaten bemerkt man eine deutliche Verärgerung der Anleger. Bondora geht auch auf konstruktive Verbesserungsvorschläge nicht ein. Statt dessen hat man angefangen, die bisher gelebte Transparenz deutlich zu reduzieren. Ausfallquoten von teilweise über 50% machen sich einfach nicht gut in der Statistik. Auch der Eingriff in bestehende Verträge - nämlich die Inkassokosten jetzt den Anlegern aufzubürden - sorgt für einigen Aufruhr. Die Umsatzzahlen von Bondora haben den Wachstumspfad deutlich verlassen. Von daher steigt auch das Risiko, dass Bondora selbst die Gewinnzone nicht erreichen kann und letztlich scheitert. Da die meisten Kredite eine Laufzeit von 3-5 Jahre haben, ist dieses Risiko nicht zu ignorieren.
Die Umsätze am Zweitmarkt scheinen deutlich zurückzugehen. Angebote, die vor einem halben Jahr binnen Stunden verkauft worden wären, bleiben liegen. Umgekehrt bieten sich hier aber auch günstige Einstiegsmöglichkeiten, Abschläge auch bei Anteilen, die nicht kurz vor dem Ausfall stehen.
Ich investiere nicht mehr in neue Anteile sondern nur noch auf dem Zweitmarkt. Meistens in Kredite die schon 6-18 Monate laufen und keine Umschuldung gemacht haben. Das Angebot ist zur Zeit mehr als ausreichend um meine Rückflüsse wieder anlegen zu können.
Den Eindruck über den Zweitmarkt habe ich auch. Überfällige Darlehen bekomme ich nicht los (-30% Abschlag scheint zu wenig zu sein). Dafür findet man aber ab und an auch sehr pünktliche Zahler mit gutem Rating (B) sogar mit kleinem Abschlag.
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