Spannend zu sehen, wie die einzelnen p2p-Plattformen im Krisenmodus agieren. Die meisten sind ja zu jung, um so etwas während der Finanzkrise schon mal ausprobiert zu haben, und das war vermutlich ein Klacks gegen das was noch auf uns zukommt.
Die Aktienmärkte haben sich ja dank Geldschwemme schon wieder ganz gut erholt. Fundamental ist das aus meiner Sicht nicht zu rechtfertigen. Nichts gegen günstige Kaufkurse, aber wir werden in ein paar Monaten Kennzahlen sehen, da war der "Neue Markt" um die Jahrtausendwende nix dagegen. Auch wenn man jetzt die Wirtschaft gegenüber Kindern krass bevorzugt, wird das einen Einbruch nicht aufhalten können. Von daher halte ich an Liquidität und p2p-Anlagen fest, auch wenn mir das bei einer aufziehenden massiven Inflation nicht so viel helfen wird.
Zum Thema. Die p2p-Plattformen lassen sich grob in 3 Bereiche einteilen:
1) B2P - kein echtes p2p sondern crowdfinanzierung von Firmenprojekten. Beispiele sind ablrate, FC Germany, flender, crowdestate und teilweise estateguru.
Diese Kredite sind sehr stark betroffen, insbesondere wenn es um Geschäftsbereiche geht, die unmittelbar vom Lockdown betroffen sind. Die Plattformen agieren unterschiedlich und vor allem sehr unterschiedlich transparent. Ablrate fand ich vorbildlich. Hier gibt es Zahlungsaufschübe, Aussetzungen von Rückzahlung bis zur Reduktion von Zinsen, zunächst für drei Monate. Das ist halt so. Und 7% Zinsen sind kein Grund zum Heulen. Ob das am Ende reicht, kann man noch nicht absehen. Zahlungen finden statt, gefühlt etwa die Hälfte regulär.
Bei flender gibt es nur Allgemeinplätze. Schon vorher kamen die Rückzahlungen stark ins Stocken. Corona, dann noch Brexit, dann gute Nacht. Die Zinsen haben nicht nachgezogen. Wer hier noch anlegt, muss schon sehr sehr gute Nerven haben. Ohne mich.
Bei Estateguru haben die Zinsen angezogen, 2-3% mehr als vor der Krise. Höhere Ausfälle wurden angekündigt. Bislang läuft es nicht wesentlich schlechter als zuvor. Das Angebot hat zwar abgenommen, aber es gibt doch immer wieder neue Kredite. Ich bleibe investiert, auch mit den Rückflüssen.
Crowdestate ist mir zu heiß. Allerdings mache ich keine Panikverkäufe. Es gibt einige Rückflüsse, und auch Neugeschäft. Allerdings mit unveränderten Zinsen. Ohne mich.
2) BuyBack Plattformen. Also die, bei dem man garantierte Zinsen nach einem gewissen Intervall vom Anbieter erstattet bekommt. Garantierte Rückzahlung, solange niemand ernsthaft wackelt. Noch existierende Beispiele (ein paar sind ja Geschichte): mintos, swaper, lendermarket, twino...
Es war zu bemerken, dass hier mit Beginn der Krise massiv Kapital abgezogen wurde. Teils um Liquidität zu generieren, teils um vermeindlich günstige Kurse am Aktienmarkt zu nutzen (was sich in einigen Fällen durchaus gelohnt hat). Entsprechend brachen die Zweitmärkte zusammen. Verkäufe waren nur schwieig oder mit Abschlag möglich. Die Anbieter selbst setzen auch alles daran, Liquidität zu generieren. Für die Anleger wurden die Zinsen erhöht (nur für neue Anteile), Laufzeiten werden (einseitig) verlängert. Ob und wie die Kredite bedient werden ist schwer einzusehen. Eher nicht. Wie lange das gut geht, wird man sehen müssen. Das Risiko ist hier beträchtlich gestiegen und die in der Regel 2% höheren Zinsen gleichen das nicht aus. Vorbei die Zeiten locker verdienter 12% p.a. In ein paar Monaten geht es ans Eingemachte und wir werden weitere Plattformen sterben sehen.
Ich ziehe Geld ab, aber nicht alles. Es kommen ja auch deutlich weniger Rückflüsse. Der cashflow bei swaper hat sich bei mir z.B. um 70% reduziert. Wurde mein Kapital sonst pro Monat einmal umgewälzt (mit entsprechen guter Liquidität), scheint das nun nur noch alle 3-4 Monate stattzufinden. Zum Glück bin ich nicht darauf angewiesen.
3) Klassische p2p-Plattformen, bei denen das Rückzahlverhalten des einzelnen Kreditnehmers auf den Anleger zurückfällt. Beispiele sind bondora und omaraha, ein bisschen auch estateguru
Was soll ich sagen, ich bin überrascht wie gut das läuft. Im Mai bin ich bei Bondora über Soll, der April war nach einem superguten März etwas schwach. Bondora hat auch reagiert: im Moment werden nur in Estland neue Kredite ausgegeben. Viele Anteile wurden umgeschuldet und auch ins Inkasso geht es im Moment nicht so schnell. Ich spreche allerdings vom cashflow, und da ist es egal ob der Kredit "nur" im Verzug ist oder schon im Inkasso.
Nachdem im April viele ihr Geld aus g&g abgezogen hatten (mit den zu erwartenden Verzögerugen bei der Auszahlung) und entsprechenden Schnäppchen auf dem Zweitmarkt zeigt sich nun ein völlig anderes Bild. Bei mir und anderen hat sich eine Menge Liquidität angesammelt. Der Zweitmarkt ist völlig überkauft. Sehr gut, dass Bondora das nicht ausnützt und super riskante Spanier auf den Markt drückt. Ich bin vorsichtig beim Investieren, Liquidität schadet nicht wirklich und die dafür fehlende Zinsen werden durch ab und an verfügbare Schnäppchen gut kompensiert. Mein Geld dort bleibt investiert. Auch wenn ich für die nächsten ein, zwei Jahre mit höheren Ausfallraten rechne.