Sonntag, 10. März 2019

Zehn Jahre p2p Investment

2009 habe ich das erste Mal in p2p-Kredite investiert. Aufmerksam war ich auf diese Möglichkeit durch einen (Online-)Zeitungsartikel geworden und zwar auf die Plattform smava. Zunächst kam mir das sehr exotisch vor, Unbekannten über das Internet Geld zu leihen. Vielen Leuten, mit denen ich heute darüber spreche, geht das immer noch so. Für mich ist das Alltag geworden.
Der Einstieg damals hatte allerdings eine hohe Schwelle, bei smava betrug der Mindestinvestitionsbetrag in einen Kredit 250€. Zwar waren die Anlagen über einen "Pool" teilweise abgesichert, jedoch brachten nicht wenige Verluste ein. Da musste ich also schnell lernen: Ausfälle gehören zur p2p-Anlage dazu. Zweistellige Zinsen bedeuten noch lange keine zweistelligen oder auch nur positive Renditen. Wobei ich letztere eigentlich bei jeder Plattform immer geschafft habe.

Smava, später auxmoney, lendico und zencap - die deutschen Plattformen sind entweder eingegangen oder so unattraktiv geworden, dass ich die Investtionen eingestellt habe. Zencap, später FundingCircle Deutschland ist die einzige, bei der ich mir nicht ganz sicher bin am Ende mein komplettes Geld wieder bekommen zu haben.

Auch bei zwei britischen Plattformen habe ich investiert. Abgesehen vom Verfall des Pfundkurses ist moneything inzwischen stark ins Straucheln geraten. Die ersten 50% meiner Anlage waren gut abziehbar, da der Zweitmarkt zusammengebrochen ist und viele Kredite in der Abwicklung sich (und ein paar noch so gut laufen, dass ich sie nicht aufgeben will) wird die zweite Hälfte schwieriger. Auch hier sind am Ende noch Verluste denkbar. Immobilienentwicklung in GB ist keine gute Anlageidee, das habe ich gelernt. Das trifft zum Teil auch ablrate, die sich längst von ihrerm ursprünglichen Modell der Flugzeugfinanzierung gelöst haben. Ablrate hat mir bislang exzellente Renditen beschert, allerdings ist die Liquidität auch hier nur über empfindliche Einbußen von ca. 5% beim Verkauf auf dem Zweitmarkt zu erreichen. Wirklich ausgefallen ist nur ein Kredit mit Containern, ein Betrugsfall. Allerdings befinden sich einige in einer recht aufwändigen Restrukturierung. Dank meiner revolut-Kreditkarte ist der Geldtransfer kostenlos und schnell möglich, ein echter Gewinn.

Außer im Baltikum investiere ich noch auf der irischen Plattform Flender. Ob ich dort dabei bleiben werde, muss sich erst noch zeigen. Nach knapp zwei Jahren gibt es doch etliche Zahlungsstörungen und ob Inkassoverfahren funktionieren merkt man erst nach vielen Monaten bis Jahren.

Das Baltikum ist das Mekka des p2p-Anlegers. So bin ich hier bei Bondora uns swaper, estateguru und crowdestate investiert. Twino und finbee habe ich beendet, Omaraha wirft eigentlich gute Renditen ab, aber über einen Testbetrag bin ich hier nie hinaus gekommen. Mintos gefällt mir persönlich auch nicht so gut, alledings gibt es hier auch viele positive Meinungen.

Würde ich nochmal in p2p anlegen, haben sich die zehn Jahre gelohnt?
Unbedingt. Alledings muss man die Anlagen und Plattformen beobachten und gegebenfalls Konsequenzen ziehen. Knapp zweistellige Renditen sind möglich und ich habe solche auch regelmäßig erzielt. Ein Risiko ist vorhanden, auch wenn die Schwanken lange nicht so extrem sind wie am Aktienmarkt. Liquidität ist nich bei jeder Plattform und in jedem Umfang garantiert, Ausfälle gehören dazu und verlängern im besten Fall die Laufzeit beträchtlich und führen in schlechtern Fällen zur Renditeminderung bis hin zu Verlusten. Schlimme Szenarien drohen, wenn die Plattform in finanzielle Nöte gerät und die Abwicklung der Kredite nicht mehr geregelt ist.

Eignet sich p2p um Finanzkrisen unbeschadet zu überstehen? Eine Alternative zum überhitzten Aktien- oder Immobilienmarkt?
Historisch ist man in den Jahren nach 2008 mit p2p gut gefahren. Finanzkrisen führen zu Einschränkungen der Kreditvergabe und kurbeln damit das Geschäftsmodell an. Allerdings werden auch mehr Kredite ausfallen. Unbeschadet wird also auch der p2p-Investor nicht aus einer solchen Krise herauskommen. Ich gehe jedoch nicht davon aus, dass die Verluste auch nur annähernd so hoch sein werden wie am Aktienmarkt. Solange die Plattformen überleben. Ein sicherer Hafen ist p2p also nicht, kann ja bei hohen Renditen auch gar nicht sein. Aber eine Risikoverminderung ist schon gegeben.

Werden alle p2p-Plattformen die nächsten 5 oder 10 Jahre überleben?
Meiner Meinung nach sicher nicht. Um mal ein paar Namen in den Raum zu werfen: auxmoney, bondora, estateguru oder mintos erscheinen mir der sehr gut aufgestellt. smava ist eigentlich schon tot, lendico genau so. Und twino oder moneything, darauf würde ich auch nicht wetten wollen. Es wird neue Plattforen geben und es wird Fusionen oder Übernahmen geben. Aber das wäre eine gesunde Entwicklung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen